Montag, 3. Juni 2013

Ende Gelände

Zaungäste beim Kampieren

das schöne Tal

dunkle Wolken am Horizont, für uns aber ohne Folgen

Jurten (sehr gemütlich!)

mit großer Bugwelle

Aufgrund unseres mehrtägigen Verschwindens im digitalen Nirwana folgt nun ein etwas längerer Text:


Nachdem wir den Tag Zwangspause am Weißen See, der uns von Frau Holle aufgezwungen worden war, endlich hinter uns gebracht hatten, konnte es am Morgen bei zwar kühlem aber sonnigem Wetter weitergehen. Ermutigt durch gutes Zureden ("very good road!") eines ortskundigen Angestellten unserer Unterkunft in Ulan Bator, verließen wir bald die Hauptstrecke nach Norden in die Berge. Dort erwarteten uns einige schwierige Passagen auf teils sehr groben und steilen Wegen gespickt mit diversen Wasserdurchfahrten. Als zusätzliche Hindernis-Highlights waren auch noch ein paar kleinere Schneefelder mit eingebaut. Auch hier bewahrheitete sich glücklicherweise der rheinländische Ausspruch "Et hätt noch immer jot jejange." Entschädigt wurde man dafür aber mit Ausblicken auf eine wunderschöne, voralpenartige Landschaft. Im weiteren Verlauf der Route kehrten wir dann wieder auf die Hauptstrecke Richtung Westen zurück, auch in der Annahme, dass das Fortkommen dort etwas weniger mühsam sein würde. Das traf allerdings nicht zu. Dass der Zustand der Verkehrswege in der Mongolei (als Straßen kann man das beim besten Willen nicht bezeichnen), mit einen Spitzenplatz unter den Schlechtesten in der Welt belegt, hatten wir schon vorher gelesen. Aber dass selbst die Hauptverbindungen in Ost-West-Richtung, die ja immerhin auch von vielen LKWs genutzt werden, zu großen Teilen wie bei uns schlechte Feldwege beschaffen sind, hat uns dann doch überrascht. Hinzu kamen nun noch einige (tief-)sandige Passagen, die für mehrere Umfaller und Steckenbleiber sorgten. Diese blieben aber für Mensch und Maschine glücklicherweise folgenlos und so konnte immerhin auch keine Langweile aufkommen. Das Wiederaufrichten der beladenen Motorräder war allerdings alleine nicht zu schaffen und bedeutete selbst zu zweit eine große Kraftanstrengung. Deswegen mussten wir nach ca. 190 km erschöpfungsbedingt die Segel streichen und schlugen unser Zeltlager in der Nähe der Strecke auf. Dieser erwies sich im Abendverlauf leider als äußerst windig bis stürmisch, was für eine unruhige Nacht sorgte. Am nächsten Morgen dann die Erkenntnis, dass wir nur 15 km weiter nach überfahren eines Passes im wunderschönen Tal unseres alten Bekannten Selenga, der in den Baikalsee mündet, hätten campen können. Ausgleichende Gerechtigkeit erfuhren wir aber am Ende des nächsten Fahrtages, der fahrtechnisch auch deutlich störungsfreier als der vorangegangene verlief. Am späten Nachmittag kam nämlich ein Jurten-Camp in Sicht und als wir am Tor unser Übernachtungsanliegen auf Englisch vorgetragen hatten und die Gegenfrage "Where are you from?" wahrheitsgemäß beantwortet hatten, antwortete uns die Mongolin in akzentfreiem Deutsch "Dann können wir ja auch auf Deutsch weitermachen." Es stellte sich dann heraus, dass sie "zu DDR-Zeiten" für vier Jahre in Brandenburg gelebt hatte und es seitdem irgendwie geschafft hat, ihre Deutschkenntnisse auf einem erstaunlichen Niveau zu erhalten. Es wurde ein sehr interessanter Abend in dessen Verlauf noch ein dort ebenfalls anwesendes (Zitat) "Kollektiv Näherinnen" hinzustieß. Offensichtlich angespornt durch unsere Anwesenheit, ließen diese es sich nicht nehmen, gemeinsam diverse mongolische Volkslieder abzusingen. Der nächste Tag war dann der letzte, den wir auf unbefestigter Strecke, hinter uns bringen mussten, mit zum großen Teil durch Straßenbau bedingter chaotischer Wegführung. Der Wechsel auf Asphalt war dann wie Weihnachten und Ostern zusammen, ein Gefühl, dass jeder der vielen, hier in unserem Guesthouse anwesenden, Motorradreisenden genauso empfunden hat. Die letzten zwei Fahrtage waren schließlich nur noch entspanntes Ausrollen bis Ulan Bator. Die letzte Hürde, die wir nun noch nehmen müssen, ist das Verpacken unserer Motorräder in Kisten und am Donnerstag fliegen wir frühmorgens über Moskau zurück nach Deutschland.

Beim Betrachten der vergangenen sechs Wochen unserer Reise stellt sich ein paradoxes Gefühl ein: einerseits verging die Zeit rasend schnell, aber die Erlebnisse der ersten Tage erscheinen trotzdem sehr weit weg. Wir haben viel gesehen und erlebt und auch diese Reise hat uns auf's Neue darin bestätigt, dass das Motorrad ein ideales Transportmittel ist, selbst um so ferne Länder wie die Mongolei zu "erfahren". Man ist durch die im Vergleich zum Auto fehlende Hülle um einen herum sehr viel näher an Landschaft und Geschehen dran und wir haben auch häufig die Erfahrung gemacht, dass die Menschen einem Reisenden auf solch einem Gefährt zumeist mit viel Neugierde, Offenheit und oftmals sogar Begeisterung begegnen. Fazit: Das soll nicht die letzte Motorradreise gewesen sein!

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